Verehrte Zweiflerinnen und Zweifler,
wäre dies nicht die dritte Ausgabe des „THE IDIOT“, würden gewisse Umstände dieser Reise uns vielleicht an einen begreiflicheren Ort führen. Doch stattdessen rufen sie uns unmittelbar nach BONE CREEK – einer Kleinstadt, irgendwo in den Bergen und Wäldern Oregons, mit einer rätselhaften Gemeinschaft. Hier kennt jeder jeden und doch weiß keiner nichts. Hier riecht es nach Tannennadeln, Würstchen und gelegentlich nach Flugbenzin, wenn Vince seine Runden über dem Flughafen dreht.
Seien Sie bitte nicht voreingenommen gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern dieses Ortes. Urteilen Sie nicht über Aussehen, Herkunft oder gar Rasse, was, zugegebenermaßen, nicht alle Einwohner von Bone Creek von sich behaupten können.
Nicht ganz alltägliche Charaktere an einem nicht ganz alltäglichen Ort, die ihrem Alltag nachgehen. Bis vielleicht etwas Ungewöhnliches geschieht. „Vielleicht“, oder „maybe“, wie es im Englischen heißt. Ein schönes Wort, das mit seinen Ober- und Unterlängen ein so ausgewogenes typografisches Bild ergibt: harmonisch im visuellen Auftritt, doch voller Disharmonie in seiner Bedeutung. Nun, auf welche bizarre Weise sich dieses maybe möglicherweise in eine greifbare Realität verwandeln könnte, weiß zum Zeitpunkt dieser Momentaufnahmen niemand zu ermessen. Sicherheitshalber hat man die Ordnungskräfte bereits hinzugezogen, um – sollte denn etwas vorfallen – die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Die folgenden Vorstellungen der wichtigen und nicht so wichtigen Charaktere, Orte und Ereignisse können vielleicht zur Aufklärung beitragen. Einige Namen wurden auf Wunsch mancher Protagonistinnen geändert.
Gute Reise – und bleiben Sie wachsam.
Ihr IDIOT.

KAPITEL 1
DIE
Hauptfiguren

Äußerst lichtempfindlich und vielleicht der Einzige im Ort mit gültigem Pilotenschein. Erledigt regelmäßig Kurierflüge für den Pet Shop und andere „wichtige Institutionen“. Den Rest seiner Zeit widmet er dem Inverkehrbringen falscher Neuigkeiten und alter Geschichten über Pharmacy Phill. In letzter Zeit sah man ihn am Horizont ungewöhnliche Manöver fliegen.

Stiefschwester von Mario, dem Besitzer des Crazy Kitten. Vor zwei Tagen verschwunden. Ralph erinnert sich, wie sie ihm im Diner einen Schlüssel über die Theke reichte und sagte: „Falls alles den Bach runtergeht.“ Morgen wird man eine Notiz in ihrem Zimmer finden: „23 Uhr, hinter dem Kitten.“ Verbrachte ihre Kindheit im französischen Teil Marrakechs.

Bewohnt das letzte Haus im Ort. Sie schwört, seit geraumer Zeit ein melancholisches Klavierspiel aus dem alten Steinbruch zu hören, der hinter ihrem Garten beginnt – jede Nacht um Punkt 3:33 Uhr. Sheriff Dale hat sich die Mühe gemacht, es zu überprüfen. „Nur rollende Steine“, lautet seine Schlussfolgerung. Doch Mrs. Dawson kennt den Unterschied.

Special Agent. Bone Creek liegt auf halbem Weg zu seinem Ex-Partner. Er hatte erneut gehofft, endlich alles über Rom, den Herbst 1979 und die Wahrheit aussprechen zu können. Stattdessen endet seine Reise wieder hier, als Gast im Brenda’s Lucky Inn. Oder als Ermittler. Dann wäre er vielleicht in Schwierigkeiten und würde Antworten bekommen, nach denen er nicht sucht.

Mrs. Dawsons Neffe. 1952 im Koreakrieg verschollen und offiziell für tot erklärt. Mrs. Dawson vertritt jedoch eisern den Standpunkt, dass er noch irgendwo „da draußen“ ist. Und sein alter Schulfreund Marty erzählt gerne, dass er jedes Jahr an Sylvester eine Katzenpfote im Briefkasten seiner Werkstatt findet – Lloyds altes Signal.

Lebensgefährtin von Vince und Funkerin am Flugplatz, deren Gerät sich manchmal auf ungelistete Frequenzen verirrt. Erst kürzlich belauschte sie ein Funkgespräch in einer Sprache, die sie entweder nicht verstand – oder nicht verstehen wollte. Seitdem fehlt ihr der Appetit, und eine Melodie, die sie nie zuvor gehört hat, lässt sie nicht mehr los.

Sheriff von Bone Creek – bekannt für sein schnelles Handeln. Doch wenn er allein ist, wird er zögerlich. Dann melden sich die Geister seiner Vergangenheit: vor allem die junge April und ein Vorfall, den nur er und Vince kennen. Er vermutet, dass selbst Phoebes Verschwinden damit verbunden ist. Tammy aus dem Bürgermeisterbüro betrachtet ihn auf ihre Art.

Jeden Abend um 23 Uhr meldet sich ein unbekannter Anrufer. Wer abnimmt, hört eine Stimme, die langsam drei dreistellige Zahlen nennt. Dann ist die Leitung tot – für genau 24 Stunden. Manche notieren die Zahlen.
KAPITEL 2
DIE
Schauplätze

Jeder kennt jeden und keiner weiß nichts. Dinge verschwinden, Dinge tauchen auf. Fragen bleiben oft unbeantwortet. Und wer lange genug bleibt, hört irgendwann seinen eigenen Namen in einer Geschichte, die er vielleicht nicht erzählt haben möchte.

Das erste Gebäude an der Zufahrt zu Bone Creek. Hat schon bessere Tage gesehen, doch Brenda hält die Dinge am Laufen. Die Zimmer sind weitestgehend sauber, und die wenigen Gäste kommen und gehen – manche schneller, manche nicht. Nummer 4 wird nie vergeben. Die Frage nach dem Warum spart man sich, denn eine Antwort ist von vornherein ausgeschlossen.

Die Apotheke an der Hauptstraße ist mehr als nur ein Ort für Medikamente. Hier verkauft Phill, was gebraucht wird – ob mit Rezept oder ohne. So beherbergen die vielen Schubladen nicht nur Produkte, die im Katalog stehen und wer nicht gleich das findet, wonach er sucht, hört die Frage: „Sicher, dass das dein eigentliches Problem ist?“

Dem Sortiment nach müsste der Laden „CAT SHOP“ heißen – so reichhaltig ist die Auswahl für alle, die Katzen „mögen“. Gelegen im geografischen und gesellschaftlichen Zentrum von Bone Creek gilt er als wahre Goldgrube. Solange man sich nichts zu Schulden kommen lässt. Der Diner befindet sich schräg gegenüber, der Hinterraum ist ein offenes Geheimnis.

Hier wohnt niemand – und niemand möchte hier wohnen. Es heißt, eine junge Familie habe sich einst in den Wänden der Hütte verlaufen und nicht mehr herausgefunden bis man sie eines morgens verstört am Ortsausgang fand. In manchen Nächten brennt hier wieder ein Licht.

Der Ort für Kaffee, deftige Mahlzeiten und Gerüchte – in genau dieser Reihenfolge. Das Radio hinterm Tresen spielt immer dieselben alten Songs, und Ralph – der Inhaber – behauptet, er könne das nicht ändern. Stammgäste schwören, dass es manchmal ein Lied spielt, das niemand kennt. Anyway. Wer hier lange genug sitzt, versteht, wie Bone Creek tickt – oder könnte es zumindest glauben.

Hier gibt es alles, was knattert, schneidet oder rostet – außer Flugzeugpropellern. Marty repariert, was repariert werden kann, und nimmt an, was niemand sonst haben will. Der Laden ist chaotisch, aber Marty weiß, wo alles liegt. Nach Sonnenuntergang bleibt die Tür offiziell geschlossen. Doch manchmal sieht man Licht durch die Ritzen im Rolltor, und das Geräusch von Metall auf Metall hallt noch lange durch die leeren Straßen.

Walts Zuhause. In den Siebzigern kaufte er den Wagen samt Grundstück von einem Hippie-Pärchen für viel zu viel Geld. „Wahnsinn“, tuschelte man im Diner und im Crazy Kitten. Walt nannte es sein „berechtigtes Interesse an der Lage“. Hinter der Lichtung führt ein schmaler Pfad direkt zur Creek Cabin – zehn Minuten zu Fuß.

Ein großes Waldstück trennt ihn vom bewohnten Gebiet. Einsam und flach, mit weitem Blick über das Gelände – perfekt für Starts, Landungen und alles, was dazwischen unbemerkt bleiben soll. Trotz Melvins vorzüglicher Wartung ist die einzige Maschine am Ort, Vince’ Einmotorige, seit gestern Morgen nicht flugfähig. Wichtige Ersatzteile fehlen. Sabotage?

Die Bar in Bone Creek und Sammelpunkt für alle, die etwas suchen oder loswerden wollen. Laute, schräge Musik, Tequila Sunrise in Strömen. Wenn Mandy an Chack’s Theke steht, wird es schnell ungemütlich. Der Rest redet viel, auch wenn niemand wirklich zuhört. Und unter der Oberfläche brodelt es. Aber so lange es niemand laut sagt, bleibt alles im Rahmen – bis zur nächsten Runde.
KAPITEL 3
DIE
Ereignisse

Wo sind Ralph’s allseits beliebte Bratwürste?

Wer hat diese Tasche gesehen? Oder noch wichtiger: Wer kennt ihren Inhalt? Das Foto wurde Agent Briggs anonym unter die Türe seines Motelzimmers geschoben. Offensichtlich ein Tipp, den aber niemand versteht.

Drei Beutel wurden im Vorgarten von Heather gefunden. Sheriff Dale ließ sie sicherheitshalber ungeöffnet und ordnete an, sie ins Labor bringen zu lassen. Dort sind sie nie angekommen.

Wem gehört dieser Schlüssel und wohin führt er? Vielleicht zur Lösung? Oder raus aus Bone Creek? Phoebe hatte ihn vor ihrem Verschwinden im Diner abgegeben. Sie sagte, sie hätte ihn auf dem Parkplatz hinter dem Crazy Kitten gefunden. Der Schlüssel befindet sich mittlerweile im Büro des Sheriffs.

Ein Blick in Agent Briggs Fantasie. Oder Vergangenheit. Oder Zukunft.

Alle hatten Rons Jahrestag als Inhaber des Pet Shops um drei Tage verpasst. Wären sie aufmerksamere Freunde gewesen, wäre es vielleicht anders gekommen. Vielleicht.

Zeitgleich mit dem Verschwinden von Ralph’s Bratwürsten melden Jonathan und Eric drei Löcher in der Straße vor ihrem Haus. Ein Ablenkungsmanöver? Oder eine heiße Spur?

Leer von was?

Dieser Tage hat keiner so richtig Lust auf die allabendlichen Jam-Sessions im Crazy Kitten. So bleibt es ungewöhnlich still im Ort.

Wirklich? Auf der Suche nach einer eventuellen Wahrheit, müssen alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden.

Wozu benötigt der Flugplatz neuerdings diese Beleuchtung? Und wer hat sie installiert? Vince fliegt nie im Dunkeln.

Wie kommt dieses Ding hinter Walts Grundstück? Außer Betrieb, selbstverständlich – sagt er.
KAPITEL 4
DIE
Nebenfiguren

Küchenchef im Diner und Inhaber. Kennt jeden, hört alles, aber sagt wenig. Seit Mittwochmorgen fehlen seine Würste aus dem Kühlraum, und niemand weiß, wohin sie verschwunden sind. Das Alternativangebot „Eier mit Salat“ wurde von den Gästen abgelehnt. Was für ein sinnloser Versuch.

Brenda ist Besitzerin und das Herz des Motels. Sie stellt keine Fragen, solange niemand welche an sie stellt. Doch sie hat ein sicheres Gespür dafür, wann Probleme anrollen. Briggs ist eines. Marvin ein anderes. Früher war er nützlich, jetzt ist er eine offene Rechnung, die unangekündigt ins Haus flattert.

Vor zwei Jahren verschwand er von einem Tag auf den anderen. Niemand wusste warum, aber die meisten konnten es sich denken. Bis dahin war er so eine Art von Hausmeister im Motel – und hatte eine besondere Bindung zu Brenda. Er sprach darüber, sie nicht. Jetzt ist er zurück. Dieses Mal als Gast.

Inhaber von Marty’s Wrench & Wheels. Er repariert, was gebracht wird, egal wie alt, egal woher. Mit Steve trinkt er schon mal ein Bier im Crazy Kitten. An manchen Abenden kehrt er noch in die Werkstatt zurück – aber nur, wenn Steve längst gegangen ist. Und wenn dann Bruno auftaucht, bleibt die Tür verschlossen.

Mechaniker und Mädchen für alles bei Marty’s Wrench & Wheels. Es gibt kaum eine Schraube in Bone Creek, an der er nicht gedreht hat. Schlägt nachts gerne mal über die Stränge, ist aber jeden Morgen als erster Kunde im Pet Shop. Pharmacy Phill soll sein Vater sein, doch darüber spricht keiner. Auch Phill nicht. Aber manchmal blickt er Bruno an, als würde er darauf warten, dass er es selbst herausfindet.

Macht die Spätschicht bei Pharmacy Phill. Gut befreundet mit Chuck, dem Türsteher im Crazy Kitten – vielleicht zu gut. Sie kennt die Bestände der Apotheke besser als Phill selbst und weiß, welche Kunden mehr als nur Kopfschmerztabletten brauchen. Seit Mittwoch – mit dem Verschwinden von Ralphs Würsten – ist sie nicht zur Arbeit erschienen. Phill sagt, sie sei krank. Chuck sagt, sie sei verreist. Ralph dachte, er hätte sie noch am Donnerstag gesehen – aber jetzt ist er sich nicht mehr sicher.

Phill, Inhaber der gleichnamigen Apotheke, kennt für jedes Leiden ein Mittel – und für jedes Mittel eine Geschichte. „Drop in – leave different“ steht über seiner Ladentür, und manche nehmen das wörtlicher, als ihnen lieb ist. Er war mal in die falsche Frau verliebt, was so ziemlich jeder in Bone Creek weiß. Aber niemand spricht über die Männer, die sich in letzter Zeit nach ihm erkundigen.

Drei „verrückte“ Schwestern aus Eureka, die es vor einigen Jahren nach Bone Creek verschlagen hat. Sorgen gerne für Stimmung im Crazy Kitten – wenn nicht gerade Mandy „in the house“ ist. Marty behauptet steif und fest, dass sie neben ihrem alten Dodge noch ein weiters Auto besitzen. Mit getönten Scheiben. Wohnen bei Jonathan und Eric über der Garage.

Wartet Vince’ Maschine – wenn nicht gerade Ersatzteile fehlen. Vor zwölf Jahren gewann er mit Yvonne den Music-Contest im Crazy Kitten. Sie an der Gitarre, er am Schlagzeug. Seinen Teil des Preisgeldes investierte er erfolgreich in Lotterielose. Der Plan, ins Musikbusiness einzusteigen, hielt nicht lange. Ihm fehlte der Geruch von Flugzeugbenzin.

Inhaber des Crazy Kitten. Nicht verwandt mit Vince. Es verbindet sie aber ein Geheimnis – erzählt man sich im Diner. Veronica erinnert sich, dass sie ihn einmal gefragt hatte, warum er ausgerechnet Bone Creek für seine Bar ausgesucht habe. Mario hatte gelächelt und nur geantwortet: „Weil es hier niemanden überrascht.“

Hatte früher das Lotteriegeschäft neben der Apotheke, bis ihr damaliger Liebhaber mit der Wocheneinnahme verschwand. Seitdem hat sie die Selbstständigkeit aufgegeben und arbeitet ab mittags im Pet Shop – hinter der Fleischtheke. Sie redet nicht viel über die Vergangenheit, aber wenn man genau genug zuhört, kann man zwischen den Zeilen lesen.

Barbaras Ex-Mann. Er sagt, die Sache mit ihrem Ex-Geschäftspartner hätte ihn nie gestört, aber seine Blicke erzählen eine andere Geschichte. Sitzt oft im Diner, trinkt seinen Kaffee schwarz, schweigt und hört zu. Manchmal zieht es ihn ins Crazy Kitten, wo er dann mit Marty ein Bier trinkt und ihn im Glauben lässt, er wisse nicht, was er später noch in seiner Werkstatt treibt.

Türsteher im Crazy Kitten. Seine Freundschaft zu Loretta machte sich bis vor zwei Tagen im wörtlichen Sinne „bezahlt“. So hatte er – mit Marios Wissen – immer „etwas Schnelles“ für müde Gäste im Angebot. Aber warum sagt Chuck, er hätte nicht Phoebe, sondern „nur einen Wagen mit getönten Scheiben“ hinter dem Crazy Kitten gesehen? Er arbeitet doch an der Vordertür.

Chucks Bruder. Jeden Abend hinter der Bar im Crazy Kitten, berüchtigt für seinen Tequila Sunrise, den er in großzügigen Mengen selbst genießt. Heather ist seine und Phoebes Patentante, doch Chack missbilligt, wie sie Phoebe immer wieder bevorzugt – das schürt seine Eifersucht. Eine explosive Mischung für jemanden mit einem so aufbrausenden Charakter.

Noch jemand, die von heute auf morgen verschwand. Dreizehn Jahre ist es her. Für Sheriff Dale ist das bis heute eine Tragödie. Er stand kurz davor, ihr einen Heiratsantrag zu machen, doch offenbar hat er es zu lange hinausgezögert. Alle Bemühungen, sie zu finden, blieben erfolglos. Tammy schwört, sie einmal als Komparsin in einer mexikanischen Telenovela gesehen zu haben – nur kurz, am Rand der Kulissen.

Verwalterin der Bibliothek. Kennt jedes Buch und jede Geschichte – und merkt, wenn etwas nicht stimmt. Letzte Woche kam Mario und fragte nach dem Buch, das Eric drei Tage zuvor verloren hatte. Yvonne sagte, sie hätte es nicht. Später, als sie ihre Karteikarten durchging, fand sie einen Zettel mit der Notiz: „Falsch.“

Trifft Bruno jeden Morgen im Pet Shop. Beide teilen denselben Geschmack – aber nicht in Sachen Mode. Gilt als enger Vertrauter von Vince und berät Mario in „geschäftlichen Dingen“. Er war auch Zeuge, als Phoebe einen Schlüssel im Diner abgab. Nach seiner Aussage sagte sie: „Falls etwas im Bach untergeht.“ Ralph sagt etwas anderes.

Die Assistentin des Bürgermeisters. Hinter ihrer zerbrechlichen Fassade gärt eine unerfüllte Leidenschaft zu Sheriff Dale. Doch um ihm näher zukommen, muss sie den Geist der verschwundenen April aus seinem Kopf vertreiben. Kann sie seine Aufmerksamkeit erlangen? Und wie weit würde sie hierfür gehen?

Trägt immer eine Uhr, die vier Minuten vorgeht. Manche sagen, er hätte sie einmal für eine Minute zurückgestellt – aber danach nie wieder angerührt. Er behauptet, es sei besser so. „Manche Dinge gehören in die Vergangenheit“, sagt er. „Sonst gerät anderes aus dem Takt.“ Lebt in einer Beziehung mit Eric.

Veronica hatte ihm vor einer Woche ein Buch aus der Bibliothek gegeben, eine alte Chronik von Bone Creek. Sie sagte, es wäre wichtig. Zwei Tage später wollte er es Yvonne zurückbringen, aber es war weg. Das Seltsame: Yvonne schwört, sie hätte dieses Buch nie in ihrem Bestand gehabt. Lebt in einer Beziehung mit Jonathan.

Früherer Besitzer des Pet Shops. Als der Verdacht aufkam, er hätte Kaninchen als Katzenfleisch verkauft, war es vorbei. Jetzt schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs durch, meist im Crazy Kitten oder dort, wo man nicht so genau hinschaut. Viel besitzt er nicht, aber er weiß, mit wenig auszukommen – es sei denn, es bietet sich eine neue Gelegenheit. Und vielleicht hat er die ja dieser Tage gefunden.

Tja, wer ist Adam? Es ist nicht ganz klar, ob er in diesem Kreis von Figuren wirklich eine Rolle spielt oder ob er überhaupt etwas zum Geschehen beitragen kann. Er betreibt einen kleinen Plattenladen in seiner Garage abseits des Trubels. Vielleicht hat Musik ja mehr Einfluss auf die Ereignisse in Bone Creek, als bisher angenommen – oder vielleicht hört er einfach nur zu.

Wenn sie nicht gerade ihre Schwester in Las Vegas besucht, sorgt Mandy im Crazy Kitten für Aufregung. Sie provoziert und diskutiert ungefragt über ihre linke politische Haltung. Ihr letztes „Opfer“ war Phoebe – ein Streit auf der Toilette, so laut, dass selbst die Jam-Session im Crazy Kitten dagegen verblasste. Yvonne ist ihre beste Freundin.

Behauptet, er hätte einen Doppelgänger, der nachts hinter der Apotheke Kisten ablädt. Glaubt man ihm, verlässt er seinen Trailer nie. Wenn Rick zu Besuch ist, wird es laut – vielleicht zu laut. Feiern sie oder tarnen sie etwas? Manche schwören, Walt an zwei Orten gleichzeitig gesehen zu haben. Walt lacht nur. Vielleicht ein bisschen zu oft.

Kurier. Transportiert oft Dinge, deren Bedeutung ihm entgeht. Die drei Beutel, die er zum Labor liefern sollte, verschwanden spurlos von seiner Rückbank. Seitdem wirkt er verändert. Nach Einbruch der Dunkelheit sieht er immer wieder Scheinwerfer im Rückspiegel, die dort nicht hingehören.

Übernahm vor drei Jahren den Pet Shop von Rick, nachdem dieser mit dem „Kaninchen-Skandal“ alles verspielt hatte. Ron ist besonnener, als er wirkt, und kennt die dunklen Ecken von Bone Creek besser, als er zugibt. Einmal die Woche spielt er Poker mit dem Sheriff und dem Bürgermeister – eine nützliche Beziehung, wenn es um Verkaufslizenzen und Genehmigungen geht.

Die Patentante von Phoebe und Chack. Sie wohnt gegenüber von Mrs. Dawson. Wer sie besser kennt, durchschaut ihren aufgesetzten Familiensinn. Chack glaubt, sie bevorzuge Phoebe, doch er übersieht, wie sehr sie diese klein hält und ständig kritisiert – der reinste Terror. Alle drei Tage hilft sie in der Bibliothek aus.

Bürgermeister von Bone Creek. Großes Herz, noch größerer Wortschatz – doch seine Taten bleiben oft aus. Mit seinem schwachen Durchsetzungsvermögen, wählt er zuweilen den bequemsten Weg. Sheriff Dale schätzt ihn. Zu Ron hat er eine gesunde, fast scheue Beziehung – er weiß, wo die Interessen liegen.
In der Zwischenzeit
(Epilog)
Gönnen wir uns eine Pause und werfen einen anderen Blick auf das Bisherige. Und seien wir ehrlich: Wo soll das hinführen? Piloten mit rätselhaften Flugmanövern, Funkgespräche, kryptische Anrufe, Klavierspiele, verworrene Verbindungen zwischen Haupt- und Nebenfiguren, verschwundene Würste, Katzenfleisch …? Eine Flut an kunstvoll verpackten, aber letztlich nutzlosen Informationen, die sich in ihrer Masse zu vermeintlichen Wahrheiten verdichten. „Flood the Zone“ – wie die Amerikaner sagen und manche praktizieren.
Nun, Phoebe ist kein Opfer. Punkt. Sie hat erkannt, in welche Verstrickungen sie hier geraten ist, und vor zwei Tagen beschlossen, diesem surrealen Spiel ein Ende zu bereiten. Die theatralische Schlüsselübergabe im Diner und die – selbstverständlich von ihr selbst verfasste – Notiz zu einem Treffen hinter dem Crazy Kitten waren nichts weiter als Ablenkungsmanöver. Denn zwischen all den möglichen Erzählsträngen musste sie Raum und Zeit schaffen, um diesem Gewirr zu entfliehen. Ein riskantes Unterfangen, denn vielleicht ist ja doch nicht alles frei erfunden – oder?
Es liegt auf der Hand, dass Rick für das Verschwinden von Ralphs Bratwürsten verantwortlich ist. Entscheidender ist jedoch, dass Ralph ihm diesen Auftrag erteilt hat – denn Barbara und Steve sind kurz davor, den Ursprung des neuerdings bitteren Beigeschmacks aufzudecken. Phill hält sich hierzu – aus eigenem Interesse – bedeckt.
Ebenso offensichtlich ist, dass es der für tot erklärte Lloyd ist, der seit Jahrzehnten quicklebendig in der Creek Cabin lebt. Und dass die Einzige, die davon weiß, Brenda ist – die ihm für alle Notfälle, etwa lästige Familien auf Abenteuersuche, Zimmer 4 freihält.
Genauso steht es mit dem Inhalt der als „Vermisst II“ betitelten Tasche: Es kann sich nur um die Chronik von Bone Creek handeln, die Eric einst von Veronica erhielt – die dann jedoch verschwand, weil Yvonne sie ihm gestohlen hatte, während er mit Jonathan mal wieder eine Diskussion über dessen Uhrentick führte. Der Zettel in der Bibliothekskartei mit der Aufschrift „Falsch“ stammt – man kann es sich denken – von unserer nicht ganz so freundlichen Heather. Warum? Das spielt keine Rolle. Sagen wir, er ist zufällig dort gelandet.
Und, und, und …
Und während wir noch lose Enden miteinander verknüpfen, sitzt Phoebe in Chucks altem Honda – auf dem Weg Richtung Grenze. Denn eine solche ziehen wir jetzt und hoffen, dass Phoebe sicher auf der anderen Seite ankommt. „Goodbye, Maybe“, hören wir sie summen.

Idee, Konzept, Text, Visualisierung, Design, Musik, Produktion:
Thomas Malzkorn
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Köln
